Boden- und vegetationsökologisches Untersuchungen zur Kompensationsfähigkeit von Deichbaumaßnahmen an der Donau zwischen Straubing und Vilshofen

Im Zusammenhang mit den Hochwasserereignissen der letzten Jahre und angesichts der erwartbaren Zunahme von Extremwetterlagen durch den Klimawandel hat die bayerische Staatsregierung 2014 das „Aktionsprogramm Hochwasserschutz 2020plus“ verabschiedet. Darin wurden die Ziele festgesetzt, den natürlichen Rückhalt von Niederschlagswasser, den technischen Hochwasserschutz sowie die Hochwasservorsorge durch geeignete Maßnahmen zu optimieren. In diesem Zusammenhang ist der geplante Donauausbau Straubing-Vilshofen zu sehen, bei dem der Hochwasserschutz neben dem Ausbau der Wasserstraße ein zentraler Aspekt ist.

Das Projekt wird von der Bundesrepublik Deutschland und dem Freistaat Bayern getragen. In Vertretung ist die RMD Wasserstraßen GmbH mit der praktischen Planung und Umsetzung beauftragt. Im Projektgebiet entlang der Donau zwischen Straubing und Vilshofen einschließlich des Mündungsbereichs der Isar bei Deggendorf ist u.a. geplant, bestehende Deiche zu erhöhen, Retentionsflächen durch Deichrückverlegungen zu erweitern und streckenweise eine zweite, verstärkte Deichlinie anzulegen und den Bereich zwischen den Deichen als Flutpolder zu nutzen. Für den Naturschutz, insbesondere für Maßnahmen und Forschung im Bereich der Renaturierungsökologie, sind neben den Überflutungsbereichen in der Donauaue auch die geplanten Deichbauten selbst von Interesse.

Das Ziel meiner Dissertationsarbeit ist es, das Potential von Hochwasserschutzdeichen im beschriebenen Donauabschnitt für die Etablierung von artenreichen, naturschutzfachlich als wertvoll anzusehenden Grünlandbeständen zu ermitteln und geeignete Methoden zu Anlage und Pflege dieser Biotope zu erarbeiten. Dabei werden Aspekte des Natur- und Artenschutzes, der technischen Anforderungen bezüglich Standfestigkeit und Erosionssicherheit, sowie der praktischen Umsetzbarkeit auf großer Fläche einbezogen.

Eine zusätzliche Dimension gewinnt das Projekt durch naturschutzrechtliche Bestimmungen: Die geplanten Bauwerke unterliegen grundsätzlich der Verpflichtung, Eingriffe in Natur und Landschaft durch fachlich begründete Kompensationsmaßnahmen auszugleichen. Dies ist im Rahmen der sogenannten Eingriffsregelung des Bundesnaturschutzgesetzes festgelegt und wird in Bayern durch die bayerische Kompensationsverordnung konkretisiert. Unter gewissen Umständen werden Deichbauten von weiteren Ausgleichsverpflichtungen befreit, wenn ihre Begrünung dauerhaft eine hohe, planerisch definierte naturschutzfachliche Qualität aufweist. Im Interesse der Vorhabensträger ist es deshalb ein zentrales Projektziel, eine konkrete methodische Basis zur Erreichung und Sicherstellung dieser Qualität zu schaffen.

Im ersten Teil meiner Dissertation wird die Bandbreite der Vegetation erfasst, die sich auf verhältnismäßig jungen Deichen entwickelt hat. Die Probeflächen werden für ein weitergeführtes Monitoring dauerhaft gesichert. Im Kontext der Frage nach geeigneten baulichen Anlagemethoden sollen Zusammenhänge zwischen Ausprägungen des Deichgrünlands einerseits und der chemischen und physikalischen Beschaffenheit des Deich-Oberbodens andererseits untersucht werden. Im Rahmen des zweiten Teils wird eine umfangreicher Freilandversuch auf neuen Hochwasserschutzdeichen angelegt. Dabei wird basierend auf den Ergebnissen der vorangegangenen Erhebungen geeignetes Oberbodensubstrat in verschiedenen Mächtigkeiten auf den Deichkern aufgetragen. Zusätzlich kommen experimentelle Varianten der Zusammensetzung und der Aufbringungsmethode von Saatmischungen zum Einsatz.

Die Arbeit soll Empfehlungen für das konkrete Projekt liefern und dabei den Wissensfundus zur Anlage und zum Unterhalt von artenreichem Grünland erweitern – ein Lebensraumtyp, der in der europäischen Agrarlandschaft seltener wird und Gegenstand zahlreicher Schutzanstrengungen ist. Speziell für die Einbeziehung von Standorten mit besonderen bautechnischen Anforderungen wie Deiche, Dämme und Böschungen, sollten die gewonnenen Ergebnisse von Relevanz sein.

Die Doktorarbeit wird im Rahmen eines Kooperationsprojekts von TUM und der RMD Wasserstraßen GmbH durchgeführt.