CoCoNet (Co-creative Cohabitation Network)

Projektlaufzeit
01/25 bis 12/27 (36 Monate)
Hintergrund
Städte stehen vor zahlreichen globalen Herausforderungen, darunter demografischer Wandel und wirtschaftliche Transformationen, Mobilitätswende, Gesundheitsprobleme durch Luftverschmutzung sowie Urban Heat Islands infolge des Klimawandels und ein Verlust an Biodiversität durch fragmentierte natürliche Lebensräume.
Jahrzehntelange autozentrierte Stadtplanung hat zu einer Dominanz des motorisierten Verkehrs und der dazugehörigen Flächen im öffentlichen Raum geführt. Infolgedessen wurden offene Flächen wie Grünräume und natürliche Landschaften fragmentiert oder vollständig durch versiegelte Flächen und Gebäude ersetzt. Durch diese Zerstörung natürlicher Ökosysteme gehen wichtige ökologische Funktionen – sogenannte Ökosystemdienstleistungen – verloren. Probleme wie Urban Heat Islands, Lärmbelastung, Luftverschmutzung und fehlender Zugang zu naturnahen Räumen in fußläufiger Entfernung von Wohn- und Arbeitsorten werden dadurch zusätzlich verschärft.
Um diese miteinander verknüpften Herausforderungen holistisch und nachhaltig anzugehen, bedarf es eines Planungsprozesses, der aufzeigt, wie unterschiedliche Maßnahmen und Planungsszenarien verschiedene Bereiche – etwa das lokale Klima, den Verkehrsfluss, die Vernetzung natürlicher Lebensräume und die akustische Umgebung – beeinflussen und dabei auch Synergien und Zielkonflikte quantifiziert. Es gilt, einen Planungsansatz zu entwickeln, der unterschiedliche städtische Handlungsfelder zusammenführt und dem Erhalt sowie der Förderung von Ökosystemleistungen einen zentralen Stellenwert einräumt.
Projektziele
Das Ziel des CoCoNet-Projekts besteht darin, Synergien zwischen Mobilitätswandel, Klimaanpassung und Biodiversität aufzuzeigen und so die gemeinsame Gestaltung einer nachhaltigen und inklusiven Transformation städtischer Straßenräume auf Nachbarschaftsebene zu ermöglichen.
Der Fokus des Projekts liegt auf der Kombination von Mobilitätsmaßnahmen und nature-based Solutions (NbS). Ziel ist es, das Zusammenleben von Menschen und anderen Organismen als zentrales Element im städtischen Planungsprozess zu verankern. Durch die Integration zweier co-kreativer Prozesse will CoCoNet verschiedene Akteur:innen aus unterschiedlichen Disziplinen zusammenbringen. Dazu gehören (1) die integrierte Modellierung von Mobilität, Lärm, Klima und ökologischer Konnektivität zur Identifikation räumlicher Potenziale und Wechselwirkungen sowie (2) die integrierte Planung und Gestaltung dieser Aspekte. In beiden Teilen werden verschiedene Interessengruppen einbezogen um hier Erfahrungen einzubringen und co-kreativ zu gestalten. Das Projekt umfasst zudem die Weiterentwicklung bestehender Modellierungs- und Visualisierungstools, einschließlich einer 3D-Webplattform und audiovisueller Simulationen von Straßenräumen.

Schlüsselthemen
- Verlagerung des Autoverkehrs in der Stadt auf nachhaltigere Verkehrsmittel, kürzere Distanzen und vielfältigere und weniger verkehrsgeprägte Klanglandschaften (Themen Lead: yvp, ETH).
- Urbane Klimaanpassung durch Stadtbegrünung, Steigerung der pflanzlichen Biomasse, nachhaltige urbane Rückhalte-, Entwässerungs-, Versickerungs- und Verdunstungssysteme (NBS) (TUW, ETH).
- Ökologische Konnektivität, die das Zusammenleben von Menschen und Tieren in der Stadt ermöglicht (TUM, TUW).
Unser Beitrag– Ökologische Konnektivität
In urbanen Räumen wirkt sich die Verfügbarkeit von Ressourcen am stärksten auf das Vorkommen von Tieren aus (Beninde et al., 2015). Aufgrund der heterogenen und barrierereichen Struktur der Stadtlandschaft ist jedoch auch der Zugang zu Ressourcen entscheidend für die Fähigkeit eines Tieres, sich in einer Stadt zu etablieren. Der Zugang zu Ressourcen lässt sich am besten im Rahmen der ökologischen Landschaftskonnektivität beschreiben. Die meisten bisherigen Modellierungsansätze konzentrieren sich auf die großräumige Konnektivität in Landschaften außerhalb der Stadt. Die Bedeutung kleinräumiger Strukturen für das Erleichtern oder die Behinderung der täglichen Bewegungen, die für die Individuen einer Art notwendig sind, um ihre täglichen Bedürfnisse wie Nahrungssuche und Unterschlupf zu erfüllen, wird bei den meisten Konnektivitätsansätzen weitgehend ignoriert. In den letzten Jahren wurde von den Projektpartnern (TUM, TUW) ein Konnektivitätsmodell entwickelt, das die städtische Konnektivität für Tierarten auf der Grundlage kleinräumiger Konnektivität bewertet (Merkens et al., 2023). Das Modell basiert auf einem graphentheoretischen Ansatz (Graphab-Software), der die ökologische Konnektivität durch Knoten (Ressourcenfelder) und durch Netzwerklinien (Verbindungen zwischen Ressourcenfeldern) darstellt (Merkens et al., 2023).
Für die Umsetzung des CoCoNet-Konzepts werden Fallstudien in ausgewählten Stadtteilen der Städte Wien, Zürich, München und Erfurt durchgeführt. Um den co-kreativen Prozess zu ermöglichen, arbeiten wir mit den Stadtverwaltungen, lokalen Initiativen und weiteren Interessengruppen aus den vier Zielstädten Wien, Zürich, München und Erfurt sowie mit Studierenden aus dem Bereich der Stadtplanung zusammen.
Projekt Partner
TU Wien, Department of Landscape Architecture and Planning (Lead)
ETH Zürich, Department of Civil, Environmental and Geomatic Engineering
TU München, Lehrstuhl für Terrestrische Ökologie
Yverkehrsplanung GmbH, Wien/Weimar

Förderprogramm

Verantwortliche am Lehrstuhl
Prof. Dr. Wolfgang W. Weisser, E-Mail: wolfgang.weisser@tum.de
Ph.D.-student: Meret Pundsack, E-mail: meret.pundsack@tum.de
Weiterführende Literatur
Abdelfattah, L., Deponte, D., & Fossa, G. (2022). The 15-minute city: interpreting the model to bring out urban resiliencies. Transportation research procedia, 60, 330-337.
Agusti, Carles et al. (2014). Co-Creating Cities. Defining co-´creation as a means of citizen engagement. 10.13140/RG.2.1.3684.5849.
Apfelbeck, B., Snep, R.P., Hauck, T.E., Ferguson, J., Holy, M., Jakoby, C., MacIvor, J.S., Schär, L., Taylor, M., Weisser, W.W. (2020): Designing wildlife-inclusive cities that support human-animal co-existence. Landscape Urban Planning. 2020, 200.
Beninde, J., et al. “Biodiversity in Cities Needs Space: a Meta-Analysis of Factors Determining Intra-Urban Biodiversity Variation.” Ecology Letters, vol. 18, no. 6, 2015, pp. 581–92.
Braaker, S., et al. “Assessing Habitat Connectivity for Ground-Dwelling Animals in an Urban Environment.” Ecological Applications, vol. 24, no. 7, 2014, pp. 1583–95.
Can, A., L’Hostis, A., Aumond, P., Botteldooren, D., Coelho, M.D., Guarnaccia, C., Kang, J. (2020). The future of urban sound environments: Impacting mobility trends and insights for noise assessment and mitigation. Applied Acoustics 170, 107518.
Logan, T. M., Hobbs, M. H., Conrow, L. C., Reid, N. L., Young, R. A., & Anderson, M. J. (2022). The x-minute city: Measuring the 10, 15, 20-minute city and an evaluation of its use for sustainable urban design. Cities, 131, 103924.
Merkens, L., Mimet, A., Bae, S., Fairbairn, A., Mühlbauer, M., Lauppe, E., Mesarek, F., Stauffer-Bescher, D., Hauck, T.E., Weisser, W.W., 2023. Connectivity at home: A data-driven connectivity modeling framework for home range movements in heterogeneous landscapes (preprint). Ecology. doi.org/10.1101/2023.12.22.571399
Newell, R., McCarthy, N., Picketts, I., Davis, F., Hovem, G., Navarrete, S. (2021). Communicating complexity: interactive model explorers and immersive visualizations as tools for local planning and community engagement. Facets 6: 287–316.
Perillo, Alyne, et al. “Anthropogenic Noise Reduces Bird Species Richness and Diversity in Urban Parks.” Ibis (London, England), vol. 159, no. 3, 2017, pp. 638–46.
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Ritz, C. (2019). Modellierung und Wirkung von Maßnahmen der städtischen Verkehrsplanung [DoctoralThesis, Stuttgart : Institut für Straßen- und Verkehrswesen, Universität Stuttgart]. doi.org/10.18419/opus-10780
Tchervenkov, C. (2022). Empirical and simulation studies on parking in Switzerland [Doctoral Thesis, ETH Zurich]. doi.org/10.3929/ethz-b-000593365
Urech, Philipp R. W., Maria Angela Dissegna, Christophe Girot, and Adrienne Grêt-Regamey (2020): Point Cloud Modeling as a Bridge between Landscape Design and Planning. Landscape and Urban Planning 203: 103903.
Weisser, W. W., Hensel, M., Barath, S., Culshaw, V., Grobman Y. J., Hauck, T. E., Joschinski, J., Ludwig, F., Mimet, A., Perini, K., Roccotiello, E., Schloter, M., Shwartz, A., Hensel, D. S., Vogler, V. (2023). Creating ecologically sound buildings by integrating ecology, architecture and computational design. People and Nature 5 (1).